Die Power der Handelsmarken

Vom „No-Name“ zum Produkt mit Wiedererkennungswert

Aldi, Lidl, Hornbach, Ikea, dm…. Alle tun es, also reden wir doch auch mal drüber. Ob in der Lebensmittel-, Bekleidungs- oder Drogeriebranche, im Möbelhaus oder Baumarkt, beinahe überall handelt man mittlerweile mit Handelsmarken. Gekauft werden sie meist als günstigere Alternative zum Pendant Markenartikel. Doch jetzt mal konkret:

Handelsmarken

Handelsmarken

Was sind Handelsmarken eigentlich ganz genau?

Laut Definition sind Handelsmarken sogenannte Waren- oder Firmenkennzeichen, mit denen ein Handelsbetrieb seine Produkte ausweist, um somit als Eigner der entsprechenden Marke aufzutreten. Anders ausgedrückt heißt das: Durch die Verwendung der Handelsmarke wird das betreffende Unternehmen selbst zum Markeninhaber der angebotenen Ware. Handelsmarken werden daher häufig – wenn auch nicht ganz korrekt – als Eigen- oder Hausmarken bezeichnet oder mit den Begriffen „Private Label“ übersetzt. Das Spezifische an einer Handelsmarke ist in erster Linie ihr beschränkter Distributionsgrad:

Freeway-Limonade gibt es eben nur bei Lidl und Tip-Produkte wird man lediglich in den Regalen von Real finden.

Der Siegeszug der Handelsmarken – und wohin geht der Trend?

Ursprünglich wurden sie ins Leben gerufen, um der Marken- und Preispolitik der beliefernden Hersteller etwas entgegnen zu können. Durch diesen Schritt konnten die eigenen unternehmenspolitischen Entscheidungen wieder gefestigt werden. Doch die unglaublich weite Verbreitung der Hausmarken und der Umstand, dass auch immer mehr traditionelle Handelsunternehmen auf sie setzen, hängt vor allem damit zusammen, dass viele Discountermärkte mit ihren preisgünstigen Handelsmarkenprodukten so stark expandieren konnten. Der klassische Einzelhandel musste also reagieren und dem etwas entgegensetzen.

So kommt es auch, dass vor allem Supermärkte ihre Handelsmarken mittlerweile als „Geldbringer feiern“, wie die „Wirtschaftswoche“ im Mai dieses Jahres den Erfolgskurs beschrieb. Wahre Worte, denn laut einer Studie des Marktforschungsinstitutes Nielsen machten Handelsmarken im letzten Jahr sage und schreibe 40,8% des Einzelhandelsumsatzes in Deutschland aus! Zum Vergleich: Im Jahr 1973 lag der Marktanteil der Handelsmarken noch bei 12%.

Statistik: Anteil der Handelsmarken am Einzelhandelsumsatz

Dies ist ein Trend, der in den kommenden Jahren wohl noch verstärkt werden soll, da die Kunden ohnehin längst zu großen Teilen die hauseigene Alternative und nicht mehr die „großen Marken“ wählen. Und mehr noch, denn laut Markus Preißner, dem in der „Wirtschaftswoche“ zitierten wissenschaftlichen Leiter am Kölner Institut für Handelsforschung, „erwarten rund drei Viertel der Käufer Eigenmarken im Sortiment der Händler“.

Die Einschätzung, dass Handelsmarken sich mittlerweile fest etabliert haben, wird von einer weiteren Erhebung des Nielsen-Institutes aus dem Jahr 2013 bestätigt, bei der 25% der Befragten angaben, mehr Handelsmarken eingekauft zu haben als noch im Jahr zuvor, wohingegen nur 10% weniger kauften. Der Großteil der Befragten, nämlich 60%, kaufte dieselbe Menge an Handelsmarken wie im Jahr zuvor.

 

Das Kaufverhalten bei Handelsmarken:
„Kaufen Sie heute mehr, weniger oder etwa genauso viel Handelsmarken wie im Vorjahr?“

Das Kaufverhalten bei Handelsmarken

Solch eine beinahe durchweg positive Erwartungshaltung gegenüber Handelsmarken kommt aber nicht von ungefähr. Denn die billigen (und billig aussehenden) No-Name-Produkte, die lediglich den niedrigen Preis in den Vordergrund rücken, sind schon lange nicht mehr ausschließlich das, was wir unter Handelsmarken verstehen. Im Gegenteil, es gibt sie heute in den unterschiedlichsten Preis- und Qualitätssegmenten, kundenspezifisch aufbereitet, bspw. als Premium-Linie oder auch als ökologisch orientierte Bio-Marke.

Und worauf achten die Kunden bei Handelsmarken?

„Hauptsache billig“ zieht nicht mehr! Eine aktuelle Umfrage des Marktforschungsinstitutes „MetrixLab“ vom Frühjahr 2014 untermauert das entsprechend. Wenn die Qualität nicht stimmt, kauft man das Produkt auch nicht. 85% der Befragten stellen sogar die gleichen Qualitätsansprüche an Handelsmarken wie an Markenprodukte, sind also der Meinung, ein günstigerer Preis dürfe keine qualitativen Einbußen des Produkts nach sich ziehen. Auch in puncto Design machen die Unternehmen ihre Hausaufgaben scheinbar sehr gut. 72% der interviewten Konsumenten sind der Meinung, das Aussehen von Handelsmarken könne absolut mit dem der Markenartikel mithalten. Auch das gute Abschneiden bei Stiftung Waren- und Ökotest ist für 65% der Befragten ein deutliches Anzeichen von hoher Qualität.

„Hauptsache billig“ zieht nicht mehr!

Im Großen und Ganzen spielen Preis, Qualität, Design, Regionsbezug und gute Testergebnisse in der Umfrage also eine Rolle. Sie sind aber nicht immer gleich ausschlaggebend. Denn interessanterweise geben nur 8% der Befragten an, bei einem einfachen Design an der Qualität des Produkts zu zweifeln und nur 16% achten überhaupt darauf, ob ihnen das Design des Produktes gefällt. Vielleicht ja auch, weil die Idee hinter den Handelsmarken bekannt ist und eine günstigere Alternative zu einem Markenartikel ruhig auch einfacher gestaltet sein darf. Nicht zu vergessen: Einfach heißt ja nicht gleich billig!

Einstellung zu Handelsmarken

Handelsmarken – Wer hat was davon?

Die Vorteile von Handelsmarken

Vorteile Handel Vorteile Kunde
Das eigene Sortiment wird unverwechselbar. Preisgünstige Alternative zu Markenartikeln
Die Corporate Identity wird in den Produkten immer wieder sichtbar und bleibt im Gedächtnis der Verbraucher haften (sofern keine Profilierungsmarke). Gleichbleibende Produktqualität
Die eigenen Produkte können selbst gestaltet werden. Mehr Auswahlmöglichkeiten durch konkurrierende Handelsmarken verschiedener Unternehmen
Das Unternehmen bleibt konkurrenzfähig durch selbstgesteuerte Preispolitik und Qualitätsgarantie. Möglichkeit, „überteuerter“ Preispolitik von Markenartikeln Einhalt zu gebieten
Produkte können immer variiert und erweitert und so den Kundenwünschen und –interessen angepasst werden. (Als Beispiel: „Babylove nature“ – Öko-Windel-Edition).
Die Möglichkeit zur Mehrproduktstrategie wird geschaffen.

 

Wo sind die Nachteile?

Nachteile Handel Nachteile Kunde
Markenartikel haben teilweise durch intensive Werbung ein „besseres“ bzw. höherwertiges Image, mehr Prestige. Durch geringeren Preis wird eine Kaufentscheidung eventuell schneller getroffen, nicht gut überlegt und stellt sich im Nachhinein als sinnlos heraus. So entstehen unnötige Ausgaben.
Handelsmarken müssen anders beworben werden als Markenartikel, da die Kunden preissensitiver sind. Das Wissen über ein Markenprodukt wird auf das Imitationsprodukt (die Handelsmarke) übertragen und führt bei unzutreffender Annahme zur Fehlkaufentscheidung.
Handelsmarken „funktionieren“ nicht immer. (Als Beispiel: Zum Geburtstag verschenkt man wahrscheinlich doch eher das „Original“, um nicht zu „knickerig“ zu erscheinen, auch wenn die Handelsmarke oftmals vom selben Markenproduzent hergestellt wurde.)
Durch die hohe Austauschbarkeit der Sortimente muss die eigene Profilierung gegenüber den Markenartikeln durch immer neue Innovationen vorangetrieben werden, um genügend Kapitalrendite zu erzielen.

 

So ganz ohne Werbung geht es nicht – doch wie bewirbt man Handelsmarken effektiv?

Die Situation ist also eine durchaus besondere. Handelsmarken müssen sich gegen das gesetzte Image und Qualitätsversprechen etablierter Markenartikel behaupten können und die eigenen Vorteile in den Vordergrund stellen. In der Fülle an Produktangeboten muss der Kunde (schnell) in der Lage sein, sein bevorzugtes Produkt zu erkennen und darf dabei, aus Sicht der Handelsmarkenanbieter, nicht durch die „lauten“ Werbeversprechen der Marken geblendet werden. Was sollte eine Werbeagentur also beachten?

» Immer zwischen Markenprodukt und Handelsmarke differenzieren! (Die Kunden tun es ja auch)

Auch wenn beide Produkte von einem Unternehmen produziert und vertrieben werden, sollten schon die Abteilungen der Werbeagentur differenziert sein, um keine Vermengung zu riskieren. Die Kundenansprache ist unterschiedlich. Ein Konsument, der sich für Eigenmarken interessiert, achtet in erster Linie auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Das sollte entsprechend hervorgehoben werden, ohne dabei aber „billig“ zu wirken. Ein emotionales, klares und ansprechendes Verpackungsdesign hilft dabei mit Sicherheit weiter.

» Zielkunden, Positionierung, Wettbewerb und kurz- bis langfristige Ziele dürfen nicht vernachlässigt werden!

Die Vermarktung von Handelsmarken geht zwar in der Regel weniger offensiv vonstatten als die Werbung für Markenartikel, doch sie sollte genauso (oder gerade deswegen) zielgerichtet und strategisch geplant sein. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass durch Handelsmarken die Produktvielfalt noch größer wird und daher genau geplant werden sollte, wo, wann und für wen welche Produkte positioniert werden sollten. Im Segment der Markenartikel bezahlt der Kunde immer auch den Namen des Herstellers und die Werbekosten mit. Nicht so bei den Handelsmarken. Wenn also weniger geworben wird, dann aber auf jeden Fall umso gezielter.

» Kreativität und Innovation sind gefragt!

Wenn man nicht von Vornherein mit Prestige und exklusiv-teurem Image punkten kann, müssen (immer wieder) neue Ideen her. Nicht umsonst gibt es mittlerweile sogar „Premium-Handelsmarken“ wie „REWE Feine Welt“, „Feine Kost“ (Penny),  „Deluxe“ (Lidl) etc. Diese müssen allerdings eine klaren Mehrwert bzw. Zusatznutzen haben.

Fazit

Die Welt der Handelsmarken hat eine starke Veränderung hinter und eine große Zukunft vor sich. Bei den Handelsmarken wird es aber auch in Zukunft verstärkt um das Thema Design, Innovation und Mehrwert gehen.

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Ressourcen

Sie möchten wissen, welche Herstellermarke sich hinter einer bestimmten Handelsmarke verbirgt? Nicht immer ist dies auf den ersten Blick ersichtlich, da manche Handelsmarken unabhängig von Markenherstellern sind. Andere Markenhersteller wiederum produzieren und beliefern Händler unter einem privaten Label. Alle Antworten finden Sie hier: www.wer-zu-wem.de/handelsmarken

Tipp: Lesen Sie auch „Marketing für Handelsmarken“ und den Post „Wettrennen um’s Image – Handelsmarken holen auf

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